Im Essener Norden gehört die Zeche Zollverein mit seiner Schachtanlage XII, der Kokerei und den Schachtanlagen 1/2/8 zu den bedeutendsten Industriedenkmälern Europas. Im Dezember 2001 wurde die Zeche Zollverein von der UNESCO zum Weltkulturerbe deklariert. Seither ist der weitläufige Industriekomplex Publikumsmagnet und Heimat für Kunst und Kultur im Ruhrgebiet.
[ruhr-guide] Das 55 Meter hohe Doppelbockfördergerüst gilt als Symbol für das gesamte Areal der Zeche Zollverein und stellt den optischen Mittelpunkt der imposanten Anlage dar. Er wird auch „Eiffelturm des Ruhrgebiets“ genannt und ist damit zu einem Markenzeichen für das gesamte Ruhrgebiet geworden.
Funktionalität und Ästhetik
Mitte des 19. Jahrhunderts begannen im Essener Norden im damaligen Dorf Katernberg die ersten Abteufarbeiten auf dem Gelände des Schachtes 1/2. Die ursprüngliche Doppel-Malakow-Anlage wurde um 1930 durch die Architekten Schupp und Kremmer zusammen mit den Werksingenieuren umstrukturiert und in einer Neubaumaßnahme entstand die Schachtanlage XII. Bemerkenswert ist die technische und architektonische Komposition der hinzugefügten Gebäude, die sowohl in den bestehenden Produktionsablauf als auch von der optischen Gestaltung in den bestehenden Raum integriert wurden. 1932 wurde die Schachtanlage XII eröffnet. Fortan wurden hier täglich bis zu 13.000 Tonnen verwertbarer Kohle gefördert und in wirtschaftlichen Spitzenzeiten arbeiteten hier über 5.000 Bergleute.
Das Doppelfördergerüst thront über dem bis zu 1.040 Meter tiefen Schacht und weist auf die Zentralisierung aller Arbeitsabläufe hin. Neben der reinen Förderung wurde hier auch die Trennung von Kohle und Berge, die Kohlewäsche und die zum Abbau benötigte Drucklufterzeugung abgewickelt. Um das Fördergerüst gliedern sich die dafür erforderlichen Gebäude in axialer Ausrichtung.
Ein Markenzeichen erstrahlt jetzt im neuen Glanz – die orangene Treppe
Keinem Besucher dürfte auf dem Zechengelände die orangene Treppe entgangen sein, denn sie ist das „Portal“ in zur Industriekultur. Kleiner Steckbrief gefällig? 558 Stufen verteilt auf einer Länge von 58 Metern und in 90 Sekunden hoch auf 24 Meter. Damit unterstreicht die Rolltreppe farbenfroh das Areal des UNESCO-Welterbes Zollverein und ist gleichzeitig ein wichtiger Orientierungspunkt auf dem weitläufigen Gelände. Ganze 18 Jahre war die Rolltreppe in ihrem vorherigen Zustand vorzufinden, bis schließlich in innerhalb von zwei Wochen die einzelnen Stufen und Handläufe erneuert wurden. Für die Besucher hat sich optisch nicht allzu viel geändert, denn die Stiftung Zollverein hat ein wichtiges Prinzip, nach dem sie die Instandhaltungen und Erneuerungen auf dem Gelände ausrichtet: „Die Kunst auf Zollverein ist es, gleichzeitig zu bewahren und zu gestalten. Bauelemente dürfen den Charakter des UNESCO-Welterbes nicht wesentlich verändern, aber auch nicht so wirken, als ob sie zur ursprünglichen Bausubstanz gehören. Unsere Rolltreppe ist dafür ein sehr gelungenes Beispiel“, sagt Prof. Dr. Hans-Peter Noll, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zollverein. „Rund 1,7 Millionen Gäste besuchen jährlich das UNESCO-Welterbe und nutzen die Rolltreppe nicht einfach nur als bequeme Auffahrtsmöglichkeit in die Kohlenwäsche, sondern vielmehr als Motiv für ihre Erinnerungsfotos. Wir freuen uns, dass sie den Gästen zum anstehenden 25. Geburtstag der Route Industriekultur noch farbenfroher entgegenstrahlt“, so Prof. Heinrich Theodor Grütter, Mitglied im Vorstand der Stiftung Zollverein.
Die Rolltreppe bringt die Gäste nun wieder hoch zur Kohlenwäsche, zum Besucherzentrum und zum Ruhrmuseum. Für die kleine Entspannung zwischendurch ist hier auch das Café Kohlenwäsche und die Buchhandlung Walther König untergebracht. Ohne den Regionalverband Ruhr (RVR) wäre das Projekt nicht möglich gewesen, da dieser die Baumaßnahme finanziert hat.
Mit dem Bus auf Erkundungstour
Im März 2015 bekam die Zeche Zollverein eine eigene Busline mit 6 Haltestellen und zwei E-Bussen. Die elektrisch betriebenen Touristenattraktionen können bis zu 25 Besucher durch das ca. 100 Hektar große Zechengelände kutschieren und zu jeder Haltestation die interessantesten Informationen liefern. Die Anlagen von Schacht XII, Schacht 1/2/8 und der Kokerei Zollverein werden durch die halbstündlich verkehrende UNESCO-Welterbe Zollverein Linie verbunden. An Wochenenden und Feiertagen werden einstündige Touren durch das ehemalige Industriegelände angeboten. Während der Fahrt erfahren die Teilnehmer von einem Gastführer Wissenswertes über die Anlagen und die Geschichte der Zeche. Treffpunkt für Tourteilnehmer ist die Haltestelle „Am Forum“. Abfahrt ist immer um 13 Uhr. Mit dem Bus können auch Besucher mit Handicap die altehrwürdige Industrieanlage besichtigen und mehr über das UNESCO-Welterbe Zollverein erfahren.
Schwarze Seite, weiße Seite
Von 1959 bis 1961 entstand die Kokerei Zollverein, die mit ihrer 600 Meter langen Koksofenbatterie und mit ihren 304 Öfen zu den modernsten Anlagen Europas zählte. Auf der sogenannten „Schwarzen Seite“ produzierten täglich bis zu 1.000 Arbeiter aus 10.000 Tonnen Kohle 7500 Tonnen Koks für die Stahlindustrie. Auf der „Weißen Seite“ wurden die Nebenprodukte wie Rohbenzol, Teer und Ammoniak weiterverarbeitet.
Die Zeche Zollverein wurde 1986 stillgelegt. Die Schachtanlage XII wurde unter Denkmalschutz gestellt und vom Land NRW gekauft. Die Landesentwicklungsgesellschaft NRW (LEG) und die Stadt Essen gründeten 1989 die Bauhütte Zeche Zollverein Schacht XII GmbH, die die Sanierung und neue Nutzung der Anlage plante und realisierte. Durch das Essener Architekturbüro Böll und Krabel wurde die Zeche denkmalgerecht restauriert. Der monumentale Maschinenpark blieb dabei im Originalzustand erhalten. Auf dem Gelände von Schacht XII befindet sich heute das Ruhr Museum, dass seit 2010 die Kultur- und Naturgeschichte des Ruhrgebiets thematisiert. Im Kesselhaus können Kunstinteressierte zudem das „Red Dot Design Museum“ besuchen.
Im Jahr 1993 wurde auch die Kokerei Zollverein stillgelegt. Lokale Politiker und die RAG wünschten sich zunächst einen Abriss der Anlage, um sie an ein chinesisches Unternehmen zu verkaufen. Aber die 1995 gegründete Stiftung „Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur“ sorgte für die Erhaltung der Kokerei als wichtiges Wahrzeichen und Zeugnis der Industriegeschichte im Ruhrgebiet.
Design- und Kulturstandort
In den 90er Jahren siedelten sich zahlreiche Institutionen, Büros und Unternehmen unterschiedlicher Größe aus den Bereichen Kunst, Kultur, Design und Neue Medien in den restaurierten Gebäuden an, so z.B. das Design Zentrum NRW in dem von Sir Norman Foster umgebauten Kesselhaus. Neben wegweisenden Ausstellungen im Bereich zeitgenössisches Design wird hier alljährlich der renommierte „Red Dot Award“ verliehen. Zollverein wurde von 1989 bis 1999 das Leitprojekt der Internationalen Bauausstellung Emscher Park und beherbergte auf der Route der Industriekultur das Besucherzentrum. Das Nutzungskonzept folgt seither dem Leitbild „Kunst und Design auf Zollverein“. Seit dem Sommer 2002 befindet sich im ehemaligen Salzlager auf der weißen Seite der Kokerei der „Palast der Projekte“. Insgesamt soll die Zeche Zollverein zu einem integrierten Design- und Kulturstandort ausgeformt werden.
Vom Eis ins Wasser
Daneben steht beim Besuch der Zeche Zollverein aber auch der Spaß am Entdecken der weitläufigen Anlage im Vordergrund. Im Winter lädt eine Eisbahn entlang der ehemaligen Kokerei zu sportlichen Aktivitäten ein. Auf Kufen kann man ganz entspannt zwischen den großen Industriebauten entlang schlendern und die tolle winterliche Atmosphäre genießen. Bei einem Spaziergang durch die inzwischen romantisch zugewucherten Zeugnisse der vergangenen Industriekultur lässt sich auch das „Werksschwimmbad“ auf der Kokerei Zollverein entdecken – im Sommer die wohl kultigste Badeanstalt des Ruhrgebiets! Währed der Sommerferien können die Besucher täglich von 12 bis 20 Uhr in das kalte Wasser abtauchen und die Aussicht genießen.
Ebenfalls ein Highlight auf dem atemberaubenden Gelände der Zeche Zollverein: das Casino Zollverein. Dieses lädt zwar nicht zum Glücksspiel ein, Geld sollte man viel mehr mitbringen, um dort in einmaligem Ambiente luxuriös zu speisen: Von der gemütlichen Kaffeepause bis zum (beinahe) Sterne-Mahl wird man hier mehr als verwöhnt. Weitere Infos unter Casino Zollverein
Kleine Auswahl der Outdoor-Angebote auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein
Parkour-Anlage auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein
Das Welterbe Zollverein bietet bereits seit der Saison 2018 eine neue Herausforderung für urbane Akrobaten und alle, die es werden wollen: Eine öffentlich zugängliche Parkour-Anlage und ein öffentliches Training auf der Kokerei lädt dann zum ungewöhnlichen Sporterlebnis ein. Geeignet ist die kostenlose Attraktion für junge Menschen ab ca. 8 Jahren und auch für sportliche Erwachsene, die sich fürs Klettern und Springen begeistern. Weitere Infos finden Sie hier.
Radtour rund um Zollverein
Erkunden Sie doch mit eigenem oder ausgeliehenem Rad die 3,5 km lange Ringpromenade oder die vielen Radwege, genießen Sie die Natur, untersuchen Sie Arbeitersiedlungen und bewundern Sie die architektonischen Ausprägungen der Industriekultur! Räder reservieren können Sie bei www.revierrad.de.
Soccer-Golf im Zollverein-Park
Wenn Sie Spaß an Fußball haben und Golf Ihnen zu langweilig ist, spielen Sie doch einfach eine Runde Soccer-Golf! Ein Parcours mit 9 Toren wartet auf seine Bezwinger, die sich von der Zeche bis zur Kokerei entlang der Bahnen quer durch Industrienatur und -architektur des Weltkulturerbes kicken können!
Das Gelände der ehemaligen Zeche Zollverein ist riesig und bietet eine Vielzahl von interessanten Freizeitmöglichkeiten für Besucher an. Es stehen auch etliche Themenführungen zur Auswahl, die gebucht werden können. Die Zeche Zollverein bietet auch verschiedene Räume für Ihre Traumhochzeit an! Schauen Sie doch einfach mal in das komplette Themenverzeichnis hinein!
UNESCO-Weltkulturerbe Zollverein
Das Gelände des UNESCO-Welterbes Zollverein ist jederzeit frei zugänglich. Zum Welterbe gehören die ehemaligen Schachtanlagen XII, 1/2/8 und die Kokerei Zollverein.
Besucherzentrum Zollverein
Zollverein Schacht XII
Halle 2
Gelsenkirchener Str. 181
45309 Essen
Öffnungszeiten:
täglich 10 – 18 Uhr
Ruhr Museum
Areal A [Schacht XII], Kohlenwäsche [A14]
Fritz-Schupp-Allee 14
45309 Essen
Öffnungszeiten:
täglich 10 – 18 Uhr
Eintrittspreise:
Dauerausstellung und Portal der Industriekultur (Kohlenwäsche Basis)
Erwachsene 10 Euro
Ermäßigung 7 Euro
Gruppen 6 Euro
Dauer-, Sonder- und Galerieausstellung und Portal der Industriekultur (Kohlenwäsche komplett)
Erwachsene 10 Euro
Ermäßigung 7 Euro
Gruppen ab 5 Euro
Ruhr Museum Galerieausstellungen
Erwachsene 5 Euro
Ermäßigt 4 Euro
Gruppen ab 10 Personen 2 Euro
Kinder, Jugendliche (bis 17 Jahre), Studierende und Schüler Eintritt frei
Red Dot Design Museum
Öffnungszeiten:
Di–So und an Feiertagen 11–18 Uhr
Eintrittspreise:
Di-Do, Sa, So, Feiertage:
Erwachsene 9 Euro
Ermäßigt 4 Euro
Kinder bis 12 Jahre frei
Fr: Pay-What-You-Want
Phänomania Erfahrungsfeld
Öffnungszeiten:
9-18 Uhr (Mo-Fr) und 10-18 Uhr (Sa, So, Feiertags)
Eintrittspreise:
Erwachsene 15 Euro
Kinder von 4 – 17 Jahren: 12 Euro
(Stand: April 2024, alle Angaben ohne Gewähr)
Fotos: © Jochen Tack / Stiftung Zollverein