Unbestreitbar ist das asiatische Kino auf dem Vormarsch. Nicht erst seit der sogenannten „J-Horror“-Welle durch Filme wie „Ring“ und „The Grudge“ fallen Werke aus Japan, Korea, Thailand und anderen Ländern des östlichen Kontinents auch bei uns im Westen auf. Wie zum Beispiel Martin Scorseses oscar-prämiertes Machtwerk „Departed – Unter Feinden“ basieren nicht selten erfolgreiche Hollywood-Kinohits auf asiatischen Originalen und werden als Remakes neu adaptiert. Regisseure wie John Woo, Wong Kar-Wai oder Zhang Yimou arbeiten mittlerweile global, ihr Stil erfreut sich weltweiter Beliebtheit.
[ruhr-guide] Letzte beiden Filmemacher hat sich das Autorenteam Rüdiger Suchsland und Josef Schnelle einmal genauer angesehen und die Ergebnisse in ihrem Buch „Zeichen und Wunder“ aufbereitet, welches im Schüren Verlag erschienen ist. „Hero“, „House of flying Daggers“, „In the Mood for Love“, „2046“ oder „My Blueberry Nights“ – All dies sind Kinofilme der Regisseure Zhang Yimou und Wong Kar-Wai, die weltweit große Aufmerksamkeit und große Anerkennung generieren konnten. Das Duo steht für ein neuartiges, attraktives chinesisches Kino. Kar-Wai aus Hong Kong und Zhang Yimou aus China stehen für diesen „frischen Wind“. Grund genug, sich einmal näher mit den Personen und ihrem bedeutungsvollen Schaffen auseinander zu setzen und so seziert das Autorengespann die Arbeiten der beiden in ihrem Buch und gibt obendrein eine detaillierte Einführung in die asiatische Filmwelt: Zeichen, Farben, Historie, Tendenzen, Stars, allgemeine Akteuere und aktuelle Entwicklungen – Vom Detail zum Offensichtlichen erklären die Schreiber alle bedeutenden Sachverhalte. All jene Informationen bereichern diesen Band, der damit weit mehr ist, als die pure Vorstellung zweier Regisseure. Die Protagonisten kommen sogar im enthaltenen Interview selbst zu Wort. So sind die 203 Seiten mit vielen, abwechslungsreichen Meldungen gefüllt und bieten dem filminteressierten Leser eine Vielzahl an Ansätzen und Ideen für die weitere Beschäftigung mit dem asiatischen Kino.
Überwiegend Text
„Zeichen und Wunder – Das Kino von Zhang Yimou und Wong Kar-Wai“ ist kein übermäßig bebilderter Freizeitband. Hier überwiegt der Textanteil – Dennoch werden schwarzweiss Fotografien gereicht, die exemplarisch verdeutlichen sollen, was im Kapitel beschrieben wurde. Damit bleibt der Schüren Verlag seinen Stil treu, interessante und durchaus populäre Themen in einem anspruchsvollen Fachbuch näher vorzustellen und aufzubereiten. Leser ohne große Angst vor ausgiebigen Texten können mit diesem Werk sehr glücklich werden und erhalten eine umfassende Betrachtung.
Umfassende Betrachtung
Erfreulich ist, dass sich die Autoren nicht auf eine simple Biographie beschränken, sondern neben den beiden Hauptakteuren dieses Bandes zusätzlich wichtige Randfiguren vorstellen. So erhält der Kameramann Christopher Doyle ein eigenes Kapitel. Doyle arbeitet seit Jahren beim asiatischen Film und ist zum wichtigen Verbindungsglied der Kulturräume geworden. Hervorragend das auch seine Arbeit bei der Betrachtung dieser Regisseure mit unter die Lupe genommen wird und sein Anteil an der Entwicklungsleistung, die zum heutigen Asia-Kino führte, nicht vergessen wird. Gleichsam forschend wird über Yimou als Angehöriger der „Goldenen Generation“ – einer Reihe von Filmemachern, die in einem „neuen“ China „neue“ Filme realisieren können – geschrieben. Dazu fliessen Beobachtungen zu Kar-Wais Herkunft Hong Kong ein, ein seit Jahren wichtiges, autarkes Arbeitsfeld für die dortige Filmindustrie – All dies sind Hintergründe, die einen erweiterten Blick auf auf das Schaffen beider Regisseure ermöglichen und Kontexte zu den Einflüssen von Politik und Gesellschaft herstellen.
Stetige Wegbegleiter und Eckpfeiler des chinesischen Kinos
Beide Darsteller teilen die Vorliebe für bestimmte Darsteller, die ihren Filmen das typische Gesicht verleihen. Sei es Gong Li, Maggie Cheung oder Zhang Ziyi – Mit dem Erfolg der Filmemacher kam auch der Durchbruch für eine ganze Reiher weiblicher und männlicher Schauspieler. In einzelnen Kapiteln stellen Suchsland und Schnelle diese Schlüsselfiguren vor und geben dem Leser damit ein weiteres Puzzleteil mit auf den Weg, welches hilft, den Blick für das Große und Ganze zu schärfen. Konstant weitergeführt wird diese Kontexteinordnung mit Hintergrundinformationen zur chinesischen Filmwirtschaft, den visuellen und auditiven Stilmitteln und typischen wie atypischen Genres. Am Ende folgen Standardinformationen wie biografische Angaben und Filmographien. Doch die Autoren entlassen den Leser nicht aus ihrem Buch, ohne die Meister selbst zu Wort kommen zu lassen. Zwei abgedruckte Interviews lassen sowohl Wong Kar-Wai als auch Zhang Yimou einige Fragen beantworten – Ein weiteres schönes Element in diesem gelungenen Buch, dass umfassend über die Hauptakteure informiert, aber auch dazu im Stande ist, einen breiten Rahmen zu setzen, damit die Einordnung in den Gesamtkontext erfolgen kann.
(mo)
Cover „Zeichen und Wunder – Das Kino von Zhang Yimou und Wong Kar-Wai“
Bildquelle: Schüren Verlag