In diesem Sommer steht die Fussball-WM in Südafrika vor der Tür. Um uns bereits jetzt auf dieses Mega-Event einzustimmen, ist die gerade erschienene DVD-Box „11 Freunde Edition Vol. 2“ genau das Richtige. Sechs Filme befassen sich vollkommen unterschiedlich mit der schönsten Nebensache der Welt und zeigen unseren Lieblingssport aus bisher unbekannten Perspektiven. Das macht Lust auf mehr!
[ruhr-guide] Das Fussball-Fanmagazin „11 Freunde“ steht für fan-nahe Berichterstattung aus der Welt des runden Leders. Bereits mit der ersten DVD-Box hat man sich vorgenommen, abseits des geschrieben Wortes allen Fussballverrückten etwas Neues zu bieten – Eine Erfolgsgeschichte, die jetzt, kurz vor der Weltmeisterschaft in Südafrika, mit einer zweiten Filmsammlung fortgesetzt wird. Das Paket enthält neben den Spielfilmen „Awaydays“, dem Berlinale-Bären-Gewinner „Offside“ und „Spiel der Götter“ drei tolle Dokumentationen. „Referees at Work“ blickt hinter die Kulissen des nicht immer einfachen Schiedsrichter-Jobs, während „Maradona by Kusturica“ in Portrait-Form das argentinische Idol tiefgründig beleuchtet und mit „Die beste Frauen der Welt“ das „weibliche Sommermärchen“ über die WM der Damen in China diese vielseitige Zusammenstellung abrundet.
Referees at Work
Mit „Referees at Work“ haben die 11 Freunde einen absoluten Glücksgriff gelandet. Die Dokumentation über die harte Arbeit von Schiedsrichtern ermöglicht einen aufschlussreichen Blick hinter die Kulissen eines Jobs, von dem jeder meint, er könne ihn besser machen, als „der da auf dem Platz“. Die Doku zeigt auf, welchen Stresssituationen und immensen Herausforderungen die Schiris ausgesetzt sind. Das regt zum Nachdenken an und eröffnet neue Sichtweisen. Ein Filmteam begleitet die Schiedsrichter während der EM 2008 in Österreich und der Schweiz während ihres gesamten Aufenthalts. Der Zuschauer folgt – zusammen mit der Kamera – den Schiris zu Abstimmungstreffen oder Entspannungstagen und gar auf den Platz. Dort ziehen die Regisseure Yves Hinant und Eric Cardot ihr Ass aus dem Ärmel: Die Aufnahmen der Spielszenen sind mit dem Funk der Schiedsrichter unterlegt. Auf diese Weise wird dem Zuschauer die pure Authentizität des Augenblicks vor Augen gehalten, es wird klar was es bedeutet, ein Schiedsrichter zu sein. Für diese Form der Authentizität ist eine weitere, unendlich wichtige Tatsache ausschlaggebend: Der Film wertet nicht. Er blickt auf die Arbeit der Referees, zeigt unter welchem Druck sie stehen und welcher Kritik sich das Gespann aussetzen muss. Selbstzweifel und ständiges Hinterfragen der eigenen Leistung gehört für sie zum Alltag. Der Job verlangt Herzblut, hohe Ansprüche an die eigene Leistung und niemals Angst, eine Entscheidung zu treffen. Abseits oder nicht, brüllende Massen, kochende Fussballer – die einzigen, die cool bleiben müssen, sind die „Referees at Work“!
Awaydays, Offside und Spiel der Götter
Der britische Spielfilm „Awaydays“ aus dem Jahr 2009 erzählt die Story eines 19 jährigen Jungen aus dem Liverpool der 70er Jahre. Neben Musik und dem leidenschaftlichen Sammeln von Schallplatten ist der Fussball seine große Leidenschaft. Doch dabei geht es ihm weniger um den Sport, als um die Zugehörigkeit zu einer lokalen Hooligantruppe, die besonders bei Auswärtsspielen die gegnerischen brutal Zuschauer aufmischt. Nicht selten fließt das Blut in Strömen, wenn das Spiel vorbei ist. Während sich in „Awaydays“ die Zuschauer kloppen, kämpfen in „Offside“ ganz andere Menschen auf eine völlig andere Weise um ihre persönlichen Rechte auf Fussball. Jafar Panahi inszeniert mit „Offside“ eine rasante, mit politischen Verweisen gespickte Achterbahnfahrt um ein iranisches Mädchen, dass sich als Mann verkleidet ins Stadion schleicht, in dem das entscheide Qualifikationsspiel der Iraner zur WM2006 in Deutschland stattfindet. Als ihre Verkleidung auffliegt, geht das große Diskutieren los: Warum dürfen Frauen im Iran keine Sportveranstaltungen der Männer besuchen?
Der Film tendiert zwischen komödiantischen Abschnitten und ernsteren Verweisen auf die politische und gesellschaftliche Lage im Land. Interessant, zu was der Fussball seine Beiträge leistet. Ähnliche Bestrebungen unternehmen in „Spiel der Götter“ buddhistische Mönche, die vom Fussballfieber gepackt werden, aber eigentlich nicht partizipieren dürfen. Ihnen ist das Ansehen der Weltmeisterschaftsspiele von höchster Stelle verboten, doch der Drang zum Sport ist stärker. So beginnen die Mönche unterschiedliche Versuche, um doch noch die Erlaubnis von oberster Stelle zu bekommen, die Spiele ansehen zu dürfen. Die Komödie ist eine Koproduktion der Länder Bhutan und Australien aus dem Jahr 1999 und zeigt herrlich aufbereitet, welch immense Sogwirkung unser aller Lieblingssport entwickeln kann.
Von „Maradona by Kusturica“ bis zu den „Besten Frauen der Welt“
Darüber hinaus schafft Fussball Helden. Einen davon hat sich Dokumentarfilmer Emir Kusturica vor die Kamera gehört. Diego Maradona. Der argentinische Star ist nach einer langen und an Höhepunkt reichen Karriere mittlerweile zum Trainer der Nationalmannschaft seines Landes gereift, mit der er an der diesjährigen Weltmeisterschaft teilnimmt. Das Portrait zeigt den Menschen Maradona und dessen dunkele Schatten abseits des Platzes. Zeitweise fern vom grünen Rasen bewegt sich auch Regisseurin Britta Becker, die mit ihrem Film „Die besten Frauen der Welt“ Sönke Wortmanns „Deutschland – Ein Sommermärchen“ aufgreift und das erfolgreiche Projekt „klont“. Regisseurin Becker begleitet die deutsche Nationalmannschaft der Damen auf ihrem bisher größten Abendteuer: Der Weltmeisterschaft 2007 in China. Eine strapaziöse Reise, die am Ende durch eine Riesenparty nach dem Titelgewinn belohnt wurde. Die Kamera ist stets dabei, im „privaten“ wie im „öffentlichen“ Teil der Unternehmung. Sei es bei Taktikbesprechungen, gemeinsamen Stadtrundgängen oder den Chill out-Sessions in Hotelzimmern. In zwischengeschnittenen Interviews kommen die Protagonistinnen zur Sprache und erklären Wissenswertes zum Frauenfussball.
Dabei herausgekommen sind interessante Gespräche, die auch kritische Töne beispielsweise zum Stellenwert der Sportart in Deutschland nicht meiden. Das kritische Aussagen neben der Freude am Sport so passend zusammengeschnitten wurden, rundet den Film ab. Neben einer tollen Nacherzählung des Turniererfolgs ist „Die besten Frauen der Welt“ eine Status quo-Feststellung des deutschen Frauenfussballs, der den ein oder anderen Zukunftswunsch nicht verbergen kann und will.
Ungewöhnliches rund ums runde Leder
Die sechs Filme dieser zweiten DVD-Box von den „11 Freunden“ bietet also sowohl gute Unterhaltung als auch weitreichende und kritische Blicke auf den Sport sowie sein Umfeld. Das gerade die Dokumentationen stark und absolut sehenswert sind, unterstreicht das anspruchsvolle Ziel der Box, andere Perspektiven zu vermitteln und die breitgefächerte Wichtigkeit des Sports zu vermitteln. Die Anschaffung als gezielte Vorbereitung auf die WM – vor allem für alle Couchpotatoes – empfiehl sich mit Nachdruck. In der Literatur würde man von „Pflichtlektüre“ sprechen, beim Film hieße es „großes Kino“ und im Fussballjargon bleibt nur noch zu sagen „Elfer versenkt“. Eine tolle Sammleredition mit eindrucksstarken Fussball-Filmen. Hoffentlich beinhaltet die bisher noch fiktive dritte DVD-Box eine ähnlich tolle Dokumentation mit dem Titelvorschlag: „Wie die WM-Trophäe im Sommer 2010 nach Deutschland kam“…
(mo)
Bilder: Kinowelt Home Entertainment