Mit „Take Shelter“ ist einer der Überraschungsfilme des vergangenen Jahres auf Blu-ray und DVD erschienen: Familienvater Curtis erlebt beunruhigende Visionen, die eine bevorstehende Apokalypse ankündigen. Obwohl Freunde und Familie zweifeln, baut Curtis den Luftschutzkeller im Garten aus. Dennoch wachsen auch in ihm die Zweifel: Hat Curtis ein psychisches Problem oder handelt es sich tatsächlich um Vorboten einer zerstörerischen Katastrophe? Das mitreissende Thrillerdrama ist bei Ascot Elite Home Entertainment erschienen und im Handel erhältlich.
[ruhr-guide] Curtis LaForche (Michael Shannon, „Zeiten des Aufruhrs“) führt ein glückliches Leben mit Frau Samantha (Jessica Chastain, „Zero Dark Thirty“) und der sechsjährigen Tochter Hannah. Plötzlich scheint die Idylle vorbei: Curtis hat apokalyptische Visionen, Alpträume und düstere Vorahnungen. Schmutziger Regen, dunkle Wolkenformationen und unheilschwangeres Donnergrollen kündigen einen verheerenden Sturm an. Curtis‘ erster Gedanke gilt der Sicherheit seiner Familie, weshalb der Luftschutzkeller des Hauses vergrößert wird. Bei Samantha weicht die anfängliche Befremdlichkeit ob des merkwürdigen Verhaltens ihres Mannes blankem Unverständnis. Dieser veräußert die mühsam angelegten Ersparnisse, bricht jahrelang bestehende Freundschaften und agiert zunehmend desillusioniert. Arbeitgeber und Freunde werden aufmerksam, lassen sich anfangs beschwichtigen. Als Curtis Firmengerätschaften unerlaubt benutzt, um den Luftschutzkeller auszubauen, fliegt er auf, verliert den Job und damit das Vertrauen seiner Mitmenschen. Er selbst verrennt sich im Wahn und fragt sich, ob die Schizophrenie, die bei seiner Mutter diagnostiziert wurde, auch ihn ergriffen hat. Täuscht ihn sein Geist, ist auch er psychisch krank? Oder können bzw. wollen weder Familie, noch Freunde und Arbeitskollegen die bevorstehende Apokalypse nicht erkennen?
Fesselndes Filmerlebnis
„Take Shelter“ ist wahrlich ein mitreissender Film. Regisseur und Drehbuchautor Jeff Nichols („Shotgun Stories“) entwirft ein Psychospiel allererster Güte. Dabei verzichtet er auf Effekthascherei und konzentriert sich auf seine exquisit ausgearbeiteten Figuren, die von exzellenten Darstellern verkörpert werden. Michael Shannon spielt den inneren Zwiespalt derart überzeugend, dass der Zuschauer gar keine andere Möglichkeit hat, als mitzufühlen und zu rätseln. Ebenfalls in den höchsten Tönen zu loben ist die derzeit für „Zero Dark Thirty“ oscarnominierte Jessica Chastain, die auch für „The Help“ als beste Nebendarstellerin am letztjährigen Oscarrennen teilnahm. Der Goldjunge ging an The Help-Kollegin Octavia Spencer, doch schon Ende Februar könnte es diesmal für sie heissen: And the Oscar goes to… In „Take Shelter“ erfüllt sie den Part der Ehefrau, die trotz großer Sorge um ihrem Mann stets um Loyalität zu ihm ringt, mit Bravour. Chastain vermittelt das langsam zerbrechende, fragile Glück der Familie durch ihr penibles Spiel. Ein Blick sagt mehr als tausend Worte und lässt die in die immer tiefer werde Kluft zwischen Curtis und ihr blicken.
Handwerklich hervorragender Film
Zusätzlich profitiert „Take Shelter“ von der erstklassigen Bildsprache. Regie und Kamera sorgen für mitreissende Bilder. Düstere, wolkenbehangene Himmel sahen selten derart gefahrvoll aus. Die Bilder sind durchdacht, analysieren stets die Vorgänge, erweisen sich als mehrdeutig und gegeben Rätsel auf. Gestützt durch die Sound- und Musikkulisse, wird der Film zum nervenzerrenden Ritt auf Messers Schneide. Mit jeder Einstellung, die die Protagonisten einfängt, wächst die Tiefe der Story. Emotionen der Figuren werden spürbar, Handlungen logisch gerahmt. Bestürzt muss der Zuschauer erleiden, wie Curtis immer weiter ins psychotische Abseits driftet – oder besitzt er doch seherische Fähigkeiten und handelt einzig richtig? Zuschauer und Filmfiguren sind von Beginn an hin und her gerissen. In welche Richtung das Pendel auch schlägt, es gibt immer auch überzeugende Argumente, die in die entgegengesetzte Richtung tendieren lassen. Die visuelle Kraft der Bilder untermauert diesen Aspekt über die gesamte Filmlänge.
Subtext und Symbolik
Viele analysieren „Take Shelter“ als Verbildlichung akuter amerikanischer Ängste und betrachten die Geschehnisse aus gesellschaftspolitischer Sicht. In Zeiten der Finanzkrise, die in den USA vor allem den „kleinen Mann“ samt Haus und Auto besonders hart traf, sicher zutreffende und vor allem interessante Ansätze. All dies sind spannende Interpretationen, doch reicht es schon aus, Angst als solche als Leitthema des Films herauszustellen. Die hier zu sehenden Ängste sind menschlich, für jeden verständlich und treiben den Zuschauer an den Rand des Erträglichen. Ein Vater und Ehemann muss sich der grausamen Vorahnung stellen, dass der geliebten Familie großes Unheil bevorstehen könnte. Ein Mann befällt die Furcht, nicht mehr Herr seiner selbst zu sein, die Kontrolle über Geist und Körper zu verlieren. Letztendlich für verrückt gehalten zu werden. Was passiert mit einem selbst? Weiter rücken Ängste von Tod, dem Unverständnis der Mitmenschen oder dem allumfassenden Verlust ins Zentrum der Gedanken. „Take Shelter“ funktioniert auf zahlreichen Ebenen, zeigt sich symbolisch aufgeladen und vielfältig bis zum krönenden Ende. Die stete, emotionale Beteiligung des Zuschauers ist ein Schlüssel zum Erfolg. Insgesamt ist das aussergewöhnliche Werk ein handwerklich meisterhaft inszenierter Thriller, der durch seine komplexen Figuren zum aufwühlenden Filmerlebnis avanciert.
Blu-ray mit gutem Bild und Extras
Die diesem Text zugrunde liegende Blu-ray zeigt sich technisch auf aktuellem Stand. Das 1080/24p High Definition Material zeigt scharfe und kontrastreiche Bilder. Der Ton steht als deutsche DTS-HD Master Audio 5.1 Spur zur Auswahl; ebenso das englische Original im gleichen Format. Deutsche Untertitel sind wahlweise zuschaltbar. Als Extras bringt die Scheibe den Audiokommentar von Jeff Nichols mit. Zudem gibt es den deutschen sowie den Originaltrailer zu entdecken. Hintergründe, Einblicke in Dreharbeiten und Spezialeffekte sowie aufschlussreiche Interviews mit Nichols, Chastain, Shannon und anderen bieten das deutschsprachige Making of-Feature sowie das Behind the Scenes Material in der Originalsprache mit deutschen Untertiteln (jeweils ca. 10 Min Laufzeit). Im 20-minütigen Q&A mit Michael Shannon und Shea Whigham, der Curtis Arbeitskollegen Dewart spielt, beantworten die Darsteller ausführlich Fragen zum Film. Zwei Deleted Scenes runden die Bonussektion ab. Insgesamt zeigt sich die Blu-ray auf einem guten technischen Niveau, die den Hauptfilm in hervorragender Form präsentiert.
Fotos: Ascot Elite Home Entertainment