Die Auswirkungen der momentanem Finanzkrise hat mittlerweile wohl jeder zu spüren bekommen. Täglich erreichen uns die Supergau-Nachrichten von leeren Kassen und Haushaltsdefiziten. Einzig die Meldungen, welcher Konzern die nächsten 1000 Mitarbeiter vor die Tür setzt, übertreffen die Schiffbruchsmeldungen der Finanzsituation. Amerikas eigentümlicher Dokumentarfilmer Michael Moore hat sich in seinem neusten Film „Kapitalismus – Eine Liebesgeschichte“ mit diesen Themen auseinandergesetzt. Auf seine typische Art wettert Moore gegen skrupellose Kapitalisten und das unmoralische Agieren von Börsenmaklern, Banken und Konzernen.
[ruhr-guide] Michael Moore hat mit seinen früheren Filmen „Bowling for Columbine“, „Fahrenheit 9/11“ oder „Sicko“ bereits gravierende Missstände in den USA aufgedeckt und sich dabei durch seine pöbelige Art nicht nur Freunde gemacht. Moore spaltet das Publikum. Die einen feiern sein Talent, Sachverhalte vereinfacht darzustellen und honorieren das mutige Beharren auf seinen Standpunkten. Anderen sind seine als Dokumentationen bezeichneten Filme zu einseitig und vereinfachend. Fakt ist, dass Moore Aufmerksamkeit provoziert und so ein Forum für sein Projekt schafft. Dies gelingt ihm mit seiner Kapitalismus-Kritik erneut hervorragend. Er stichelt und klagt an, benennt die Schuldigen und Habgierigeren und zeigt das Leid deren Opfer.
Moore = Robin Hood des kleinen Mannes
Stets mit schlabbrigen Jeans und Turnschuhen bekleidet, auf dem Kopf ein Baseballcap tragend, repräsentiert Michael Moore den typischen Durchschnittsamerikaner. Und genau für den spricht der dickleibige Filmemacher und versteht sich als Sprachrohr des unterdrückten kleinen Mannes. Das seine Filme, und „Kapitalismus – Eine Liebesgeschichte“ macht das keine Ausnahme, einseitig sind und aus einer beschränkten Sichtweise argumentieren, muss man hinnehmen. Das ist Voraussetzung. Entweder man arrangiert sich mich ihm oder lässt gleich die Finger von seinen Werken. Moore macht nunmal Moorefilme, das muss man wissen und so muss man sie einordnen. Der allgemeingültige Begriff des Dokumentarfilms ist hier nicht angebracht.
Emotionen des Zuschauers
„Kapitalismus – Eine Liebesgeschichte“ zeigt Amerikaner, die Opfer von Banken und Konzernen wurden. Sie sind Leidtragende des skrupellosen Kapitalismus. Der Filmemacher zeigt Firmen, die Gewerkschaften zerstören, ihre Mitarbeiter ausnutzen und letztendlich vor die Tür setzen. Moore hat ein Händchen dafür, den Zuschauer aus seiner Distanz zu holen und emotional anzusprechen. Wenn der kleine Mann um sein Haus betrogen und die Familienfürsorger ausgebeutet und um ihre Jobs gebracht werden, kocht schnell das Gemüt. Doch man muss sich immer vor Augen halten: Es handelt sich um einen Michael Moore-Film. Der reitet nämlich auf seinen Behauptungen so lange rum, bis alle Schuldigen gebrandmarkt und die Empörung gegen alle Unterdrücker groß ist. Das ist auch gut, das reisst mit – ist aber auch einseitig und dokumentiert eben nicht im klassischen Sinne. Andere Sichtweisen als die eigene lässt Moore nicht zu.
Polemik als wirkungsvolles Stilmittel
Seine Filme personalisieren wo es geht, zeigen die Leidtragenden und machen anhand dieser Menschen die allgegenwärtige Situation deutlich. Selbst Moores Vater muss vor den Trümmern seiner ehemaligen Firma stehend, in der er sich mehrere Jahrzehnte krumm gemacht hat, vehement aufs System schimpfen. Der kleine Mann ist eben der Dumme. Wer da als Zuschauer ruhig bleibt, muss eine dicke Haut haben. Moore ist polemisch und vielleicht sogar manipulativ zu nennen. Moore-Filme muss man zu nehmen wissen und kann dann entscheiden, wie sehr man ihn an sich heranlässt. Hinterfragen muss der Zuschauer immer, Moore selber aber auch die, die er zeigt. Denn die agieren definitiv alles andere als moralisch und aufrichtig.
Fotos: Concorde Home Entertainment
(mo)