Von der Bergbaustadt zum Dienstleistungs- und Wirtschaftsstandort: Im nördlichen Ruhrgebiet liegt die Stadt Herten mit 65.032 Einwohnern zwischen Recklinghausen, Marl, Gelsenkirchen und Herne. Bis der Bergbau im Jahr 1872 Einzug hielt, war das damalige Stadtgebiet dörflich geprägt.
[ruhr-guide] Die Stadt im Kreis Recklinghausen steht wie andere Ruhrgebietsstädte auch vor den allgegenwärtigen Problemen der Arbeitslosigkeit – zum Teil bedingt durch den Wegfall der drei Zechen Schlägel und Eisen, Ewald und Westerholt – und sinkenden Einwohnerzahlen. Obwohl mit der jungen Generation mehr als nur die Kaufkraft in die größeren Städte bzw. die grünen Randgebiete und „Speckgürtel“ abwanderte, hat Herten trotz der im Ruhrgebiet zu beobachtenden Suburbanisierung Potential und ist überaus sehenswert.
Hertener Stadtgeschichte
Als Teil des Kurfürstentums Köln ist das Schloss Herten im Mittelalter 300 Jahre lang Sitz der Statthalter des kurkölnischen Gerichtsbezirks, im heutigen Westerholt wird im 15. Jahrhundert neben der Burg erstmalig eine vom Kaiser privilegierte „Freiheit“ erwähnt. Bis zum Einzug des Steinkohlenbergbaus behält Herten seinen dörflich-ländlichen Charakter, im Jahr 1872 löst auch hier das „Schwarze Gold“ eine rasante Entwicklung aus. Die Zechenanlage Schlägel & Eisen nimmt als erste die Kohleförderung auf, die Bevölkerungszahl steigt sprunghaft an und es entstehen zahlreiche Bergarbeitersiedlungen für die angeworbenen Arbeiter aus den deutschen Ostgebieten.
Bergbaustandort Herten
Nach und nach vergrößert sich auch die Fläche von Herten, so 1926 durch die kommunalen Neuregelungen im rheinisch- westfälischen Industriegebiet, als die Bauernschaften Ebbelich, Disteln, Langenbochum und Scherlebeck aus dem Amt Recklinghausen herausgelöst und Herten angegliedert werden. Es dauert dennoch 10 Jahre bis Herten die Stadtrechte und somit das Führen eines Stadtwappens erhält. Damals wie heute ist im oberen Teil des Wappens ein silbernes Hirschgeweih im grünen Feld abgebildet – „hert“ bedeutete im Mittelniederdeutschen „Hirsch“ und so weist das Wappen noch heute auf den Ursprung des Namens Herten hin. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Herten zu einem mehr als attraktiven Bergbaustandort – mit 36.000 Tonnen Kohleförderung pro Tag ist die Stadt für lange Zeit die größte Bergbaustadt Europas. Bis 1961 stieg die Einwohnerzahl auf rund 52.000. Im Zuge der kommunalen Neugliederung wurde 1975 Westerholt eingemeindet und fortan besteht hier eine ähnliche Beziehung wie zwischen Bochum und Wattenscheid.
Sehenswertes in Herten
Gleich zwei Wasserschlösser laden in Herten zu einem Besuch ein. Das Schloss Herten liegt inmitten des weitläufigen Schlossparks in unmittelbarer Nähe der Innenstadt. Es wurde 1376 erstmalig urkundlich erwähnt. Nach einer wechselvollen Geschichte wurde es in den 70er Jahren vollständig renoviert und bietet heute neben einem sehenswerten Café mit sagenhaft gutem Kuchen Platz für verschiedene Kulturveranstaltungen. In Westerholt liegt das Wasserschloss direkt neben dem Alten Dorf Westerholt, das auch gerne als das „Westfälische Rothenburg“ bezeichnet wird. Das klassizistische Schloss Westerholt war der Stammsitz des Grafen von Westerholt, der durch seinen Löwenpark bekannt wurde. Die Löwen gibt es nicht mehr, dafür aber noch das Schloss, das heute ein Golfhotel und ein Restaurant beheimatet. Freizeitvergnügen bietet in Herten vor allem das Erlebnisbad Copa Ca Backum, wer es beschaulich mag, sollte einen Spaziergang um den Ewaldsee machen. Aber auch die Kultur kommt hier im nördlichen Ruhrgebiet nicht zu kurz: Das Glashaus in der Innenstadt lockt mit verschiedenen Kleinkunst- Veranstaltungen und Vorträgen, die ebenfalls dort untergebrachte Stadtbibliothek zählt zu den Besten im Lande. Für die Jugend schon seit Jahrzehnten ein Anlaufpunkt ist das Kinder- und Jugend-zentrum Nord direkt im Backumer Tal. Hier finden regelmäßig Konzerte und Festivals mit lokalen und regionalen Bands statt, so konnte sich eine beachtliche Musikszene in der Stadt etablieren. Als ehemalige Bergbaustadt liegt Herten aber auch an der Route der Industriekultur und hat spannende Schauplätze zu bieten: Neben der Maschinenhalle Scherlebeck im Norden ist vor allem die Halde Hoppenbruch und die direkt daneben liegende Halde Hoheward interessant – diese ist im Landschaftspark Emscherbruch einbezogen.
Innovationen aus Herten
Neben einem umfangreichen Kultur- und Freizeitangebot für Hertener Bürger setzt man hier verstärkt auf technische Innovationen. Im Jahr 2006 eröffnete beispielsweise der erste Verleih von wasserstoffbetriebenen Fahrrädern für den touristischen Einsatz: die so genannten HyBikes bringen den interessierten Stadtbesucher ohne Anstrengung und umweltbewusst durch das Ruhrgebiet. Dass die Zukunft auch in Herten bereits Gegenwart ist, beweisen ebenfall die zahlreichen Firmen, die im ZukunftsZentrum Herten ihren Firmensitz bezogen haben: hier wird an IT-Softwarelösungen, in den Bereichen Wasseraufbereitung, Biotechnologie und Umweltservice, Labordienstleistungen oder auch in der Automatisierungstechnik an neuen Lösungen getüftelt.
Fotos: Stadt Herten